Samstag, 27. Juni 2015
Sebastian Schippers 'Victoria'
Mitten in der Nacht lernt die junge Spanierin Victoria (Laia Costa) vor einem Club in Berlin die vier Freunde Sonne (Frederick Lau), Boxer (Franz Rogowski), Blinker (Burak Yigit) und Fuß (Max Mauff) kennen. Schnell kommen sich die Frau aus Madrid und der draufgängerische Sonne näher. Doch für die Jungs fängt die Nacht gerade erst an. Um eine Schuld bei Gangster Andi (André M. Hennicke) begleichen zu können, sehen sich die Vier gezwungen, eine krumme Sache durchzuziehen. Als einer aus der Gruppe schließlich unerwartet ausfällt, soll ausgerechnet Victoria als Fahrerin bei der heiklen Unternehmung einspringen. Was für sie zunächst wie ein spannendes Abenteurer klingt, entwickelt sich rasch zum Albtraum, denn der geplante Coup geht gründlich schief und das junge Glück von Victoria und Sonne wird knallhart auf die Probe gestellt ...
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Dem Regisseur Sebastian Schipper ("Absolute Giganten") gelingt mit seinem hochgelobten Film auf jeden Fall eine meisterhafte Leistung. Und das allein schon wegen des imensen technischen und logistischen Aufwandes. Schipper dreht seinen Berlin-Film nämlich in einem Stück als sogenanntes Plansequenz. Und anders als bei "Birdman" oder auch Hitchcocks "Cocktail für eine Leiche" wird dabei nicht in die Übergänge getrickst, sondern tatsächlich 130 Minuten durchgedreht. Das heisst, dass der Kameramann bei jeder Bewegung hautnah dabei sein muss, im Club, im Taxi, in der Tiefgarage, bei jedem Wechsel der Location. Und auch der will jedes Mal exakt geplant sein, wenn jeder Statist zur rechten Zeit am Platz sein muss. Vor der Leistung und dem Ergebnis kann man nur niederknien.



Dass es trotzdem nicht automatisch zum Meisterwerk reicht, liegt daher in der Natur der Sache, weil man zur Durchführung tatsächlich inhaltliche Kompromisse eingehen muss. So muss es natürlich auch Sequenzen geben, die zur Überbrückung der Ortswechsel wie reines Füllmaterial wirken. Zumal ein Grossteil der Dialoge zwar geprobt aber dennoch improvisiert sind. Auch ist es nicht einfach, in dem vorgegebenen Rahmen den Wandel von Victoria wirklich greifbar darzustellen. Ein Hoch daher auf die Spanierin Laia Costa ("The Red Band Society"), die der Figur glaubhaft Leben einhaucht und selbst als Gangsterbraut zuckersüss ist, während die Kamera bis auf wenige Ausnahmen bei jedem Schritt an ihr dran bleibt. Genauso wie der Ur-Berliner Frederick Lau ("Freischwimmer") eine grandiose Vorstellung abliefern kann als naiver "Strassenköter" mit lockerer Schnauze und einnehmendem Charme. Letztendlich kann man aber jedem Akteur zu seinem Betrag beglückwünschen in einer Produktion, der es gelingt, seinen Zuschauer mit einfachen Mitteln und trotz wackeligem Expose über zwei Stunden in seinen Bann zu ziehen. Und das jetzt nicht nur hierzulande, sondern international. Vielleicht wird "Victoria" damit das neuen "Lola rennt". Und das auch völlig verdient!
Bewertung: 9/10 (Moviepilot Prognose 7,5)