Dienstag, 27. Januar 2015
Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)
Früher war er eine Berühmtheit, heute hingegen ist er fast gänzlich in der Versenkung verschwunden. Riggan Thomson (Michael Keaton), der einstige Darsteller des ikonischen Superhelden Birdman, kämpft sich mittlerweile durch finanzielle und persönliche Krisen. Seine letzte Chance für seine Karriere ist sein neues Projekt: eine Broadway-Adaption von Raymond Carvers What We Talk About When We Talk About Love. In den drei Tagen vor der Aufführung gerät der Schauspieler in alle möglichen Konflikte, sei es mit seinem schwierigen Darstellerkollegen (Edward Norton) oder mit seiner Familie (in Gestalt von Emma Stone). Ihm bleibt nur wenig Zeit, um sein Privatleben, seine Karriere und nicht zu vergessen seine mentale Gesundheit zu retten.



Man könnte vermuten, dass es sich bei "Birdman" um eine weitere Superhelden Geschichte handelt - oder umeine Persiflage darauf. Tatsächlich handelt es sich um grosses Arthouse Kino, dass aus dem Schauspiel-Business erzählt und dabei in ihre Abgründe abtaucht. Der "Birdman" ist nicht mehr als ein abgehalfteter Akteur am Theater, der nur noch vom Ruhm seiner vergangenen Tage zehrt. Parallelen zum Hauptdarsteller Michael Keaton und seiner Rolle als "Batman" Anfang der 90er sind nur zu offensichtlich. Keaton ("Beetlejuice") scheint hier gleich in mehrfacher Hinsicht die Rolle seines Lebens zu spielen. Nicht umsonst wurde er im letzten Jahr mit Auszeichnungen für seine herausragendes Darstellung überschüttet (inkl. der Oscar-Nominierung). Er lebt diese in allem gescheiterte Existenz und gibt ihrer Verzweiflung eine Rest-Würde bis zur Selbstaufgabe. An seiner Seite brillieren unter anderem Zach Galifianakis ("Hangover"), Emma Stone ("Zombieland") und mit einer unglaublichen Performance auch Edward Norton ("Roter Drache").



Der Clue dieser dramatischen Geschichte ist eine Inszenierung, die dem Zuschauer suggeriert, es handelt sich bei der Präsentation um eine einzige, durchgehende Aufnahme, die sich durch sämtliche Stimmungen und Wendungen zieht. Dabei erschafft der Regisseur Alejandro González Iñárritu ("Babel") zahlreiche Kunst-Momente, die sich für immer ins Gehirn brennen. Grandios ist die Szene mit dem Bademandel und den Walk über die Times Square (so prägnant dass Host Neil Patrick Harris sie bei der Oscar-Verleihung persiflierte). Dazu wirft die verschachtelte Geschichte einen Blick in die Untiefen des Geschäfts und liefert dabei zahlreiche zynische Oneliner, die ihre Wirkung nicht verfehlen. Am Ende gibt es stehende Ovationen, und denen kann man sich als Zuschauer nur anschliessen im Angesicht einer congenialen Darbietung am Rande des Meisterwerk.
Bewertung: 9/10 (Moviepilot Prognose 7,5)