Samstag, 1. November 2014
Matthew Warchus 'Pride'
Die britische Premierministerin Margaret Thatcher führt im Sommer 1984 einen erbitterten Kampf gegen die Gewerkschaft der Minenarbeiter, die gegen die Privatisierung und Schließung der Minen streiken. Da kommt Hilfe von unerwarteter Seite. Die Initiative "Lesbians and Gays Support the Miners" (LGSM) sammelt Geld, um die Streikkasse zu unterstützen. Doch die Nationale Union der Minenarbeiter hegt allerlei Vorurteile und will davon nichts wissen. Daraufhin entschließt sich eine kleine Gruppe, angeführt von Buchhändler Mike (Joseph Gilgun) und dem Aktivisten Mark (Ben Schnetzer), direkt in ein walisisches Dorf zu fahren, um dort die Spenden zu übergeben. Zwar stößt man auch hier auf Vorurteile und teils Ablehnung, der Großteil der Dorfgemeinschaft nimmt die Unterstützer aber gastfreundlich auf, allen voran der etwas schüchterne Cliff (Bill Nighy) und die resolute Hefina (Imelda Staunton). Aber auch der lokale Anführer der Streikenden, Dai (Paddy Considine), ist begeistert und setzt sich für eine intensive Zusammenarbeit ein.
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Was haben uns sie Briten nicht schon für grossartige Sozialkomödien in die Kinos gebracht: "Billy Elliot" oder "Ganz oder gar nicht", aber auch "Mein wunderbarer Waschsalon", "The Commitments", "Brassed Off" und "Beautiful Thing". Immer schaffen es die Macher, den ernsten Hintergrund in eine amüsante und anrührende "Feelgood"-Geschichte zu packen. Und auch "Pride" überzeugt mit einer lockeren Mischung aus "Culture Clash" und ernster Geschichte (basierend auf wahren Begebenheiten). Dabei geht es nicht nur um die frühen Jahre der Schwulenbewegung, sondern eben auch um die Bergarbeiter - und um die Atmosphäre der eisigen 1980er in Grossbritannien. Man fühlt sich wie zurückgebeamt in eine Zeit des Neo-Punk und Wave (was nicht zuletzt an dem exzellenten "Best of" Synthie-Pop der Zeit liegt). Natürlich lässt die Produktion auch schräge Momente wie die alten Damen im Leder-Darkroom nicht aussen vor.

Das Drehbuch selbst konzentriert sich dabei auf die eingestreuten Episoden und breitgefächerte Momente, ohne wirklich in die Tiefe zu gehen. Das mag oberflächlich klingen, sorgt aber für eine Leichtigkeit in der Erzählung, die durchgehend unterhält und dabei viele Bereiche seiner Zeit abdeckt. So geht es letztlich nicht nur um Vorurteile und Abneigungen, sondern auch um Themen wie Coming Out und Aids, die wie nebenbei in nur wenigen Szenen einbezogen werden. Im Mittelpunkt stehen aber die Menschen, Motive und Entwicklungen.



Überraschend gut aufgestellt ist dabei der Cast, der in Nebenrollen Darsteller aufbietet wie Bill Nighy ("Tatsächlich ... Liebe"), Dominic West ("The Awakening"), Imelda Staunton ("Harry Potter und der Orden des Phönix"), Andrew Scott (Moriarty in der "Sherlock Holmes" Reihe), Paddy Considine ("Das Bourne Ultimatum") sowie Russell Tovey ("History Boys"). Der Ensemble-Cast legt seinen Blickwinkel dabei auf den jungen Joe (George MacKay aus "Defiance") und den rebellischen Mark (Ben Schnetzer aus "Die Bücherdiebin"), die in ihren Rollen als Sympathieträger funktionieren.

Dass der Film seine Figuren zu keinem Zeitpunkt bloßstellt ist ein weiteres Plus der Inszenierung des Theater-Regisseurs Matthew Warchus. Auch dass er immer den richtigen Ton findet zwischen der Komik und seiner Tragik, was die Verfilmung zu einem ungemein kurzweiligen Vergnügen macht. Tatsächlich ist dieser Film "Pride" zugleich Zeitdokument und Brit-Kino in Höchstform, dass in seiner vielfältigen Mischung nicht nur eine Zielgruppe sondern den gesamten Mainstream erreichen sollte. Grossartig!
Bewertung: 9/10