Samstag, 22. November 2014
Neu auf DVD:
Nymphomaniac (Directors Cut)
An einem kalten Winterabend findet Seligman (Stellan Skarsgård) in einer kleiner Seitenstraße die halb-bewusstlose, offensichtlich zusammengeschlagene Joe (Charlotte Gainsbourg). Er nimmt sich ihrer an, bringt sie zu sich nach Hause und pflegt die Frau. Als sie wieder zu sich kommt und Seligman sie fragt, was passiert sei, erzählt Joe nach einigem Zögern dem fremden Mann ihre Lebensgeschichte. Und dies ist die Geschichte ihrer Sexualität, ihrer zahllosen erotischen Erlebnisse, mutig und albern, lustvoll und quälend, beiläufig und zwanghaft, eine Zumutung und eine Befreiung. Zunächst geht es um die junge Joe (Stacy Martin) und ihren Sex, schonungslos, berührend, verstörend, packend ...



Das grösste Unding bei dem umstrittenen Sex-Epos ist, dass man Regisseur Lars von Trier ("Antichrist") für diesen "Director's Cut" weitere 1,5 Stunden (!!!) Laufzeit genehmigt hat. Dabei ist mir jetzt noch nicht gelungen herauszufinden, wo die Unterschiede zum ohnehin schon übertrieben langen Kino-Zweiteiler liegen. Aber mindestens Vol. II wirkt mit seinen 171 Minuten gnadenlos aufgebläht. Und ob man wirklich eine selbst beigefügte Abtreibung im Detail sehen muss oder die fade Affäre mit einer Minderjährigen braucht, sei einmal dahingestellt. Skandale hin oder her, am Ende zählt für eine Verfilmung eine überzeugend erzählte Geschichte, und die erscheint bei einem über fünf Stunden andauernden Kompromittierung einfach nur unwahrscheinlich. Und doch darf man nicht vergessen, dass "Nymph()maniac" zwischendurch einfach grandioses Schauspielkino bietet. Allein die Episode mit Uma Thurman ("Kill Bill") als betrogene Ehefrau und Mutter ist grandios und Oscar-reif. Auch Stellan Skarsgård ("Marvel’s The Avengers"), Shia LaBeouf ("Transformers"), Jamie Bell ("Jumper"), Willem Dafoe ("Spider-Man"), Christian Slater ("True Romance") oder Hauptdarstellerin Charlotte Gainsbourg ("21 Gramm") sind nicht unbedingt Namen vom Hollywood-Grabbeltisch.



Das nützt aber ziemlich wenig, wenn der Regisseur sich hauptsächlich aufmacht, um sich gnadenlos in der gewollten Provokation zu suhlen und völlig den Blick verliert für eine straffe Inszenierung. Was insofern auch sehr befremdlich wirkt, wenn man nicht nur von Body Doubles, sondern auch von Penis Prothesen und ähnlichen Schnickschnack liest, die die Erzählung völlig als unrealistisches Kalkül deklassiert. Hinzu kommt, dass der dänische Regisseur auch kaum eine Idee zu haben schien, wie er die ohnehin hemmungslos breitgewälzte Geschichte zu einem würdigen Ende bringen könnte. So zieht sich der zweite Teil des Epos gnadenlos in die Länge, ohne dass er erzählerisch noch etwas zu bieten hat. Es ist jetzt müssig auch noch auseinander zu klabüstern, was in der Kino-Variante stärker oder auch schwächer ist, oder inwieweit die pornografisch gefaketen Exkurse (vor allem im ersten Teil) überflüssig sind. Faktisch kann man zusammenfassen, dass Teil 1 neben der vulgären Darstellung auch darstellerisch grosse Momente hat, während der zweite Teil immer mehr in fetischlastiger Langeweile abdriftet - und das Ende verhunzt. Und damit kann die DVD in der Schmuddelecke des Regals verstauben ...
Bewertung Teil 1: 6/10 (Moviepilot Prognose 5,5)
Bewertung Teil 2: 3,5/10 (Moviepilot Prognose 5)


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